Frau Landrätin

Sie haben das Wort

Wenn Sie diese Zeilen lesen, bin ich bereits nicht mehr im Amt. Hubi Würsch Umweltingenieur im Bereich Landwirtschaft hat meinen Sitz übernommen und schon seine erste Landratssitzung hinter sich.

Angetreten bin ich wegen Helvetia ruft! einem Projekt von Alliance f, dem grössten Schweizer Frauendachverband. Seit 1900 setzen sie sich politisch für die Gleichstellung der Geschlechter ein. Das Echo vom Eierstock singt dazu "nid gleych, nur gleychgstellt isch eys wichtig", noch zu oft wird Gleichstellung mit Gleichmachen verwechselt. Das Anliegen von Alliance f ist die Chancengleichheit, also dass wir alle die gleichen Möglichkeiten bekommen, ob wir sie ergreifen ist dann uns überlassen.

Seit die Gleichstellung der Geschlechter 1981 in der Bundesverfassung verankert wurde, hat sich einiges getan, doch die Gleichstellung haben wir noch nicht erreicht. Ich habe langsam den Verdacht, dass es ein Teufelskreis ist von zu wenigen Frauen in der Politik, also eine Gesetzgebung und Politik, die nicht für Frauen geschaffen ist und daraus resultierend eine Überarbeitung der Frauen, dass sie keine Zeit oder Energie haben, um auch noch in einem politischen Amt tätig zu sein. Aktuell sind wir also immer noch davon abhängig, dass die Männer unsere Hürden und Anliegen sehen und in ihre Politik aufnehmen. Doch sehe ich die Fallen, die sich mir nicht stellen? Gerade erst in der Galerie Stans ist mir wieder mal bewusst geworden, dass es fast unmöglich ist. Wir hatten kleine Ohrenstöpsel bereitgelegt, um sich eine Kassette anzuhören und wurden dann von einem Hörgerätträger darauf aufmerksam gemacht, dass er die leider nicht nutzen kann. Das war uns Hörenden nicht bewusst, weil wir uns bisher nie damit auseinandersetzten mussten. Gleich wird es vielen Männern in der Politik gehen, Mann setzt sich halt für die Dinge ein, die ihn betreffen.

Wenn wir gerade bei Dingen sind, die betreffen könnten: Ich frage mich seit einiger Zeit, wieso sich die Wirtschaft nicht stärker für bezahlbare Tagesstrukturen einsetzt, könnten sie so nicht ihrem Arbeitskräftemangel begegnen? Denn gerade in Nidwalden wird es schwer, diesen durch Zuwanderung zu decken, da es bei uns weniger freie Wohnungen als Stellen gibt. Was mich zur Frage führt, ob wir überhaupt ein ewiges Wirtschaftswachstum wollen? Ich bin keine Ökonomin, aber würde dies nicht auch eine anhaltende Zunahme an Einwohnenden bedingen?

Ich teile gerne und kann wirklich gut verstehen, wieso Menschen nach Stans ziehen wollen. Aber wenn ich ehrlich bin, wäre es mir lieber, wenn Stans nicht zur Stadt würde. Mein Traum ist, dass Stans sich das erhält, was viele Städte wieder versuchen zu erreichen: kurze Wege (15 Minuten Stadt wird das auch genannt). Wir haben hier fast alles, was es für ein gutes Leben braucht und erreichen das auch bequem zu Fuss oder mit dem Fahrrad. Die Begegnungen im Dorf schaffen den Zusammenhalt, der vieles möglich macht.

 

Eva Maria Odermatt

alt Landrätin SP

 

im "Stans!" Nr. 139